29.03.2022

Info Flash 03/2022 – EU einigt sich auf neuen Rechtsakt über digitale Märkte

Alexis - Alexis.Waravka@IndependentRetailEurope.eu - +32 2 739 60 92

Am 24. März 2022 erzielte die französische Ratspräsidentschaft eine Einigung mit den Vertretern des Europäischen Parlaments über den neuen EU-Rechtsakt für digitale Märkte (DMA – Digital Markets Act). Diese neue Gesetzgebung verfolgt das Ziel, den digitalen Sektor fairer und wettbewerbsfähiger zu machen, indem sie sehr großen Plattformen, die als ‚Gatekeeper‘ gelten, eine Reihe von Verpflichtungen und Verboten auferlegt.

Der Rat und das Europäische Parlament haben sich darauf geeinigt, dass der Rechtsakt über digitale Märkte automatisch für sehr große Plattformen gilt, die die folgenden kumulativen quantitativen Kriterien erfüllen:

  • Erbringung einer Dienstleistung in mindestens drei Mitgliedstaaten; und
  • Erzielen eines Jahresumsatzes von mindestens 7,5 MilliardenEuro in der Europäischen Union oder einer Marktbewertung von mindestens 75 Milliarden Euro; und
  • mindestens 45 Millionen monatliche Endnutzer und mindestens 10.000 geschäftliche Nutzer in der EU.

Außerdem ist die Kategorie der ‚aufstrebenden Gatekeeper‘ vorgesehen, die es der Kommission ermöglichen wird, sehr großen Plattformen, deren Wettbewerbsposition zwar erwiesen, aber noch nicht gefestigt ist, bestimmte Verpflichtungen aufzuerlegen. Außerdem wird ein neues Marktuntersuchungsinstrument geschaffen, mit dem die Kommission künftige neue Gatekeeper ermitteln kann.

Die Liste der Plattformdienste, die in den Anwendungsbereich fallen, wurde erweitert und umfasst nun auch Online-Vermittlungsdienste wie Marktplätze, App-Stores, Suchmaschinen, soziale Netzwerke, Cloud-Dienste, Werbedienste, Sprachassistenten und Webbrowser.

Sehr große Plattformen, die in den Anwendungsbereich des Gesetzes über digitale Märkte fallen, werden einer Reihe von Verpflichtungen und Verboten unterworfen. Für den Einzelhandel sind vor allem die folgenden relevant:

  • die Verpflichtung, Verkäufern Zugang zu ihren Marketing- oder Werbeleistungsdaten auf der Plattform zu gewähren (besonders nützlich für KMU-Einzelhändler, die den Amazon-Marktplatz nutzen);
  • die Verpflichtung, die Europäische Kommission über ihre Übernahmen und Fusionen zu informieren;
  • das Verbot der Eigenwerbung für eigene Produkte oder Dienstleistungen;
  • die Wiederverwendung von privaten Daten, die während eines Plattformdienstes gesammelt wurden, für die Zwecke eines anderen Dienstes;
  • das Verbot einiger unfairer Bedingungen für gewerbliche Nutzer;

Nach der formellen Annahme muss das Gesetz über digitale Märkte innerhalb von sechs Monaten nach seinem Inkrafttreten umgesetzt werden.

Insgesamt führt der gefundene Kompromiss bezüglich der quantitativen Schwellenwerte (die höher sind als im ursprünglichen Kommissionsvorschlag) dazu, dass nur eine sehr begrenzte Anzahl sehr großer Plattformen unter das DMA fallen wird. Interne Plattformen von Gruppen unabhängiger Einzelhändler erfüllen derzeit im Prinzip nicht diese kumulativen quantitativen Kriterien. Ein Unternehmen wie Amazon sollte jedoch in den Anwendungsbereich fallen, was bedeutet, dass es an die neuen Verpflichtungen/Verbote gebunden sein wird, die die Geschäftstätigkeit von KMU-Einzelhändlern, die ihren internen Marktplatz nutzen, schützen werden.