22.03.2022

Rundschreiben 16/2022 – EU-Wettbewerbsrecht – Konsultation zum Entwurf der überarbeiteten Horizontal-Leitlinien – Bitte um Rückmeldung bis 12 April 2022 (Geschäftsschluss)

Alexis - Alexis.Waravka@IndependentRetailEurope.eu - +32 2 739 60 92

Bis zum 26. April führt die Europäische Kommission eine Konsultation (nur in englischer Sprache verfügbar) zu ihrem Entwurf der überarbeiteten Wettbewerbsvorschriften für Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit zwischen Unternehmen (Horizontal-Leitlinien) durch. Die Horizontal-Leitlinien sind von sehr großer Relevanz für Verbundgruppen selbständiger Einzelhändler. Denn sie regulieren einen Großteil ihrer internen Zusammenarbeit (z. B. Informationsaustausch, gemeinsame Vermarktung, gemeinsamer Einkauf usw.) und externen Zusammenarbeit (z. B. Einzelhandelsallianzen). Zur Abfassung einer Antwort auf die Konsultation bitten wir unsere Mitglieder, uns Ihre Stellungnahme bis Dienstag, den 12. April 2022 (Geschäftsschluss) zuzusenden.

 

Inhalt des Entwurfs der überarbeiteten Horizontal-Leitlinien der EU

Nach mehreren Konsultationen in den letzten 2 Jahren (auf die Independent Retail Europe geantwortet hat) hat die Europäische Kommission am 1. März 2022 ihren Entwurf der überarbeiteten Horizontal-Leitlinien (nur in englischer Sprache verfügbar) veröffentlicht, zu dem die Interessenträger bis zum 26. April 2022 Stellung nehmen sollen.

Im Entwurf der überarbeiteten Horizontal-Leitlinien wird vorgeschlagen, die derzeit geltenden Horizontal-Leitlinien an die Digitalisierung der Wirtschaft und die notwendige Verfolgung von Nachhaltigkeitszielen im Einklang mit dem europäischen Grünen Deal anzupassen. Gleichzeitig soll auch die einschlägige Rechtsprechung der letzten 10 Jahre berücksichtigt werden.

Zu diesem Zweck enthält der Entwurf wichtige Änderungen an der Einleitung und in den Kapiteln zu gemeinsamem Einkauf, Vermarktungsvereinbarungen und Informationsaustausch. Außerdem enthält er ein neues Kapitel zu Nachhaltigkeitsvereinbarungen.

  1. Neue Bestimmungen in der Einleitung der Horizontal-Leitlinien

Die Struktur der Einleitung wurde überarbeitet, um mehr Informationen zu bestimmten wichtigen Aspekten zu geben, die für sämtliche Horizontal-Leitlinien relevant sind. Sie enthält neue Orientierungshilfen zu folgenden Aspekten:

a) Prüfung des Schwerpunktes von Vereinbarungen, die verschiedene Arten der Zusammenarbeit umfassen (Randnummern 6-8)

Obwohl alle Teile der Horizontal-Leitlinien relevant sind, ist der Teil der Horizontal-Leitlinien, in dem es um den Schwerpunkt der Zusammenarbeit geht, maßgebend zur Prüfung und Bewertung, ob eine Vereinbarung Wettbewerbsbeschränkungen bezweckt oder bewirkt. Bewertet wird der Schwerpunkt anhand des „Startpunkts“ der Zusammenarbeit und des Grads der Integration der verschiedenen Funktionen.

So ist beispielsweise eine kombinierte Spezialisierungs- und Vermarktungsvereinbarung als Spezialisierungsvereinbarung anzusehen, weil die Vermarktung ohne die erste Komponente nicht möglich ist.

b) Definition von Unternehmen (Randnummern 11-14) und Wettbewerbern (Randnummer 17)

Mit dem zusätzlichen Verweis auf die jüngste Rechtsprechung wird erläutert, wie der Begriff „Unternehmen“ im Fall von Muttergesellschaften und ihren Gemeinschaftsunternehmen zu definieren ist. Außerdem enthält der Entwurf zusätzliche Leitlinien zur Beurteilung, ob zwei Unternehmen „potenzielle Wettbewerber“ sind.

  1. Änderung der Leitlinien zu gemeinsamen Einkaufsregelungen (Kapitel IV)

a) Arten gemeinsamer Einkaufsregelungen (Randnummer 312)

Die Leitlinie stellt klar, dass es verschiedenartige gemeinsame Einkaufsregelungen gibt. Sowohl die Bündelung tatsächlicher Käufe und als auch gemeinsame Verhandlungen (des Preises, bestimmter Preiskomponenten oder sonstiger allgemeiner Geschäftsbedingungen, wobei der tatsächliche Kauf einzelnen Mitgliedern überlassen wird) sind gemäß diesem Kapitel als gemeinsame Einkaufsregelungen anzusehen.

Einzelhandelsallianzen werden ausdrücklich als eine Form des gemeinsamen Einkaufs angesehen – mit direktem Verweis auf den Bericht der Gemeinsamen Forschungsstelle (JRC) über Einkaufsgemeinschaften in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette.

Kommentar: Dieser Zusatz zu den Horizontal-Leitlinien ist positiv zu bewerten. Independent Retail Europe hatte ausdrücklich darum gebeten, dass Einzelhandelsallianzen in ihrer verschiedenartigen Ausprägung als gemeinsame Einkaufsregelungen anerkannt werden.

b) Vorteile von gemeinsamem Einkauf (Randnummer 313)

Neu ist der Verweis darauf, dass der gemeinsame Einkauf „in der Regel“ darauf abzielt, Kaufkraft gegenüber „großen“ Anbietern zu generieren.

Neu ist auch die zusätzliche Erklärung, wonach der gemeinsame Einkauf zu einer größeren Vielzahl von Produkten führen kann (neben niedrigeren Preisen und besserer Qualität, d. h. Faktoren, auf die in den derzeit gültigen Leitlinien bereits hingewiesen wird). Ferner dürfen Unternehmen beim gemeinsamen Einkauf Engpässe/Unterbrechungen der Produktion bestimmter Produkte verhindern.

Kommentar: Diese neuen Leitlinien erscheinen positiv, weil auf neue Effizienzvorteile durch den gemeinsamen Einkauf hingewiesen wird.

c) Klarstellung der Leitlinie zu bewirkten Beschränkungen und Unterscheidung zwischen Käuferkartellen und gemeinsamen Einkaufsregelungen (Randnummern 316-319)

Randnummern 316-318 enthalten eine (neue) Präzisierung zur Unterscheidung zwischen Käuferkartellen und gemeinsamen Einkaufsregelungen, während Randnummer 319 eine Liste zur praktischen Prüfung der Unterscheidung enthält, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.

Kurzum sind Käuferkartelle bezweckte Beschränkungen, die darauf abzielen:

  • das jeweilige Wettbewerbsverhalten der Käufer auf dem Markt zu koordinieren oder Einfluss auf die relevanten Wettbewerbsparameter durch Praktiken, wie u. a. durch die Festlegung oder Abstimmung der Einkaufspreise oder zugehöriger Komponenten (einschließlich Vereinbarungen zur Festlegung von Löhnen oder Nichtbezahlung des Preises für ein Produkt) oder andere Geschäftsbedingungen, die Zuteilung von Einkaufskontingenten, die Aufteilung von Märkten und Lieferanten/Anbietern zu nehmen“; und
  • Einfluss auf die einzelnen Verhandlungen der Käufer mit Lieferanten oder einzelnen Käufe von Lieferanten zu nehmen, beispielsweise durch die Abstimmung der Preisverhandlungsstrategien von Käufern oder den Informationsaustausch über den Status dieser Verhandlungen mit Lieferanten.

In Randnummern 317 und 318 ist Folgendes angegeben:

  • In einem Käuferkartell stimmen die Käufer ihre jeweilige Interaktion mit den Lieferanten ab;
  • Wenn Käufer einzeln Geschäfte mit Lieferanten tätigen, dann sollten sie ihre eigenen Kaufentscheidungen unabhängig voneinander treffen; dadurch besteht nicht mehr die Unsicherheit untereinander in Bezug auf ihr zukünftiges Marktverhalten.
  • Praktiken, bei denen die Teilnehmer zuerst einen Kaufpreis untereinander festlegen und dann später einzeln verhandeln/kaufen, sind vermutlich als Käuferkartell anzusehen.
  • Ein Käuferkartell kann vorhanden sein, wenn die Käufer vertrauliche Geschäftsinformationen über ihre jeweiligen Kaufabsichten/Verhandlungen mit Lieferanten (z. B. Kaufpreise, allgemeine Geschäftsbedingungen, Lieferquellen, Mengen, Zeitrahmen, Lieferung und Innovation) außerhalb einer echten gemeinsamen Einkaufsregelung austauschen, die gemeinsam im Auftrag ihrer Mitglieder mit Lieferanten interagiert.

Randnummer 319 sieht zwei (keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebende) Sätze von Kriterien zur besseren Prüfung und Beurteilung von gemeinsamen Einkaufsregelungen vor, die kein Käuferkartell sind:

  • Der gemeinsame Einkäufer hat gegenüber den Lieferanten klargestellt, dass er als gemeinsamer Unterhändler für seine Mitglieder fungiert, sie zur Einhaltung der AGB der einzelnen Käufe verpflichtet oder gemeinsam für sie einkauft. Dennoch muss die Identität der Mitglieder nicht offengelegt werden, insbesondere wenn sie KMU sind. Die indirekte Kenntnis dieser gemeinsamen Einkaufsregelung aufseiten der Lieferanten reicht nicht aus.
  • Die Parteien der gemeinsamen Einkaufsregelung haben eine schriftliche Vereinbarung zur Festlegung der Form, des Umfangs und der Funktionsweise ihrer Zusammenarbeit (um die Einhaltung von Artikel 101 Absatz 1 nachträglich prüfen zu können). Eine schriftliche Vereinbarung kann die gemeinsame Einkaufsregelung jedoch nicht vor einer wettbewerbsrechtlichen Prüfung schützen.

Kommentar: Diese Klarstellungen waren von vielen nationalen Wettbewerbsbehörden gefordert worden. Offenbar geben sie keinen Anlass zu Bedenken, weil sie die einschlägige Rechtsprechung widerspiegeln sollen. Stimmen Sie dem zu? Haben die Kriterien in Randnummer 319 praktische Schwierigkeiten für Einzelhandelsallianzen zur Folge?

d) Überarbeitete Leitlinien zu „bewirkten“ Beschränkungen

Randnummer 325 enthält aktualisierte Erläuterungen zu bewirkten Beschränkungen auf Basis der einschlägigen Rechtsprechung, wonach bestimmte Vertragsbestimmungen u. U. nicht unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV fallen, wenn sie für die gemeinsame Einkaufsregelung objektiv erforderlich sind. Dies gilt beispielsweise für ein Verbot der Parteien einer gemeinsamen Einkaufsregelung zur Teilnahme an einer konkurrierenden Vereinbarung, wenn die Geschäfte und Kaufkraft der gemeinsamen Einkaufsregelung dadurch gefährdet werden können. Allerdings können die exklusiven Kaufverpflichtungen (d. h. zwingende Verpflichtung der Mitglieder zum Kauf aller/der meisten erforderlichen Produkte über die gemeinsame Einkaufsregelung) wettbewerbswidrige Auswirkungen haben, die einer besonderen Prüfung bedürfen.

e) Auswirkung der Marktmacht

Der Entwurf der überarbeiteten Horizontal-Leitlinien enthält zwei neue Randnummern (331 und 332) zur potenziellen Auswirkung der Marktmacht von Käufern auf vorgelagerte Anbieter.

Es besteht die Gefahr, dass gemeinsame Einkaufsregelungen dem vorgelagerten Wettbewerb schaden können, wenn die Parteien eine beträchtliche Kaufkraft auf dem Kaufmarkt haben (Randnummer 331). Solche gemeinsame Einkaufsregelungen können beispielsweise Investitionsanreize unterbinden oder Anbieter dazu zwingen, ihr Produktsortiment oder die Qualität ihrer Produkte zu verringern. Konkret ausgedrückt:

  • Für große Einkäufer (die zusammen einen größeren Anteil an den Käufen haben) sind die Risiken höher, vor allem bei Geschäften mit kleinen Anbietern (Randnummer 332).
  • Das Risiko potenzieller Wettbewerbsbeschränkungen ist geringer, wenn Anbieter eine beträchtliche gegengewichtige Anbietermacht (nicht notwendigerweise eine marktbeherrschende Stellung) auf dem Kaufmarkt haben (z. B. beim Verkauf von unverzichtbaren Produkten).

Ferner wird in der (neuen) Randnummer 333 klargestellt, dass ein Boykott nicht nachhaltiger Produkte bei einer gemeinsamen Einkaufsregelung nicht als „bezweckte“ Beschränkung angesehen werden sollte. Allerdings müssen „bewirkte“ Beschränkungen auf Grundlage der Art der Produkte sowie der Marktstellung der Einkäufer und der Anbieter geprüft werden (z. B. haben sie andere Kunden/können sie ohne Weiteres die Herstellung nachhaltiger Produkte starten?).

In der (neuen) Randnummer 334 wurde die alte Randnummer 201 (der derzeit geltenden Horizontal-Leitlinien) über die potenzielle marktverschließende Wirkung gemeinsamer Einkaufsregelungen für konkurrierende Käufer umformuliert. Beispielsweise wenn die Anzahl der Anbieter begrenzt ist und Markteintrittshürden aufseiten vorgelagerter Anbieter vorhanden sind. Randnummer 334 stellt auch klar, dass eine gemeinsame Einkaufsregelung mit dem Ziel, tatsächliche oder potenzielle Wettbewerber vom Absatzmarkt auszuschließen, eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung ist.

In geringfügiger Abänderung der bisherigen Randnummer 212 stellt die neue Randnummer 337 klar, dass eine gemeinsame Einkaufsregelung weniger wahrscheinlich wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen hat, wenn ihre Parteien auf dem Absatzmarkt nicht aktiv sind. Die wettbewerbsbeschränkenden Auswirkungen können jedoch vorgelagert auftreten, wenn die Nachfragemacht so groß ist, dass sie dem Wettbewerbsprozess anderer Akteure (die keine Partei der gemeinsamen Einkaufsregelung sind) schadet.

Kommentar:

  • Wie erwartet (und von der Kommission s im Bericht der JRC über Einzelhandelsallianzen angekündigt) werden in diesem Teil des Entwurfs der Horizontal-Leitlinien die potenziellen, vorgelagert bewirkten potenziellen Schäden näher beschrieben.
  • Positiv bewerten wir die Tatsache, dass in der Leitlinie erwähnt wird, dass wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen weniger wahrscheinlich sind, wenn Anbieter über eine hinreichend große Gegenmacht verfügen. Positiv ist auch der Verweis auf unverzichtbare Produkte in diesem Zusammenhang.
  • Sind Sie der Meinung, dass bestimmte Bestimmungen in den Randnummern 331/332 klargestellt werden müssen? Wie z. B. der Begriff kleiner Anbieter? Könnten durch diese neuen Randnummern 331/332 Schwierigkeiten für „nationale“ Allianzen oder für Verbundgruppen selbständiger Einzelhändler beim gemeinsamen Einkauf bei kleinen nationalen Anbietern entstehen?

f) Kollusionsergebnis – Einstellung von Bestellungen/Auslistung von Produkten

In Randnummer 343 wird ausdrücklich anerkannt, dass Risiken einer (vorübergehenden) Einstellung von Bestellungen oder Auslistung „normalerweise ein Bestandteil des Verhandlungsprozesses sind und gemeinschaftliches Handeln von Käufern/Abnehmern zur Folge haben kann“. Gleichzeitig wird anerkannt, dass Anbieter möglicherweise die gleiche Verhandlungstaktik anwenden.

Normalerweise führen diese Risiken/Handlungen nicht zu einer bezweckten Wettbewerbsbeschränkung. Ihre möglichen wettbewerbsbeschränkenden Auswirkungen müssen nicht separat, sondern unter Berücksichtigung der Gesamtwirkung einer gemeinsamen Einkaufsregelung geprüft werden.

Kommentar: Die Anerkennung dieser Tatsache erscheint positiv. Stimmen Sie dem zu?

g) Weitergabe von niedrigeren Preisen an die Verbraucher

Randnummer 347 bestätigt, dass Unternehmen bei einer gemeinsamen Einkaufsregelung einen Anreiz haben, zumindest einen Teil ihrer aus der gemeinsamen Einkaufsregelung resultierenden geringeren variablen Kosten an die Verbraucher weiterzugeben (je höher die Gewinnspanne aufgrund der Reduzierung der variablen Kosten ist, desto höher ist der kommerzielle Anreiz, sie weiterzugeben). Allerdings sieht dieser Absatz zwei Ausnahmen vor:

  • wenn Mitglieder (einer gemeinsamen Einkaufsregelung) über eine hinreichend große Macht auf dem Verkaufsmarkt verfügen (dieses Konzept war bereits in Randnummer 219 der „alten“ Horizontal-Leitlinien zu finden);
  • bei einer reinen Verringerung der Fixkosten (z. B. Pauschalzahlungen von Anbietern), weil sie dadurch keinen Anreiz zur Erhöhung ihrer Produktion haben.

Diese Randnummer sollte in Verbindung mit Randnummer 335 (Auswirkung der Marktmacht) gelesen werden. Darin wird der Grundgedanke bestätigt, dass Mitglieder einer gemeinsamen Einkaufsregelung weniger geneigt sind, Kostensenkungen an die Verbraucher weiterzugeben, wenn sie über eine hinreichend große Macht auf dem Verkaufsmarkt verfügen. Das Risiko ist besonders hoch, wenn die Regelung die Möglichkeit zum unabhängigen Kauf zusätzlicher Mengen auf dem Einkaufsmarkt (durch die Regelung oder außerhalb der Regelung) einschränkt oder davor abschreckt. Wenn die Regelung eine Verpflichtung zum Kauf aller/der meisten erforderlichen Produkte über die gemeinsame Einkaufsregelung vorsieht, ist eine besondere Prüfung der möglichen wettbewerbsbeschränkenden Auswirkungen erforderlich.

Kommentar: Welche Meinung vertreten Sie zu den Randnummern 335 und 347? Ist die zweite in Randnummer 347 genannte Ausnahme (Pauschalzahlungen) ein Problem? Wenn ja, können Sie ein Gegenargument geben?

h) Neues Beispiel für gemeinsamen Einkauf in Form einer europäischen Einzelhandelsallianz

Randnummer 350 gibt ein neues Beispiel für gemeinsamen Einkauf in Form einer europäischen Einzelhandelsallianz (kurz ERA aus dem Englischen European Retail Alliance).

In diesem Beispiel umfasst die ERA sieben große Einzelhandelsketten aus verschiedenen Mitgliedstaaten, die zusätzliche Konditionen (d. h. einen zusätzlichen Rabatt als Gegenleistung für bestimmte Werbedienstleistungen in den sieben Mitgliedstaaten, in denen die Einzelhändler Waren verkaufen) für einen künftigen Liefervertrag mit einem großen Markenhersteller aushandeln. Auf jedem Einkaufsmarkt hat die ERA einen Marktanteil von höchstens 18 %; jedes ERA-Mitglied hat einen Anteil von 15 % bis 20 % auf seinem nationalen Einzelhandelsmarkt. Die ERA-Mitglieder verhandeln hart und beschließen unter anderem, die Bestellung bestimmter Produkte vorübergehend einzustellen (jedes Mitglied beschließt, genau welche Produkte es nicht mehr bestellen wird).

Dieses Beispiel dürfte die Bedingungen von Artikel 101 Absatz 1 AEUV erfüllen, obwohl nur bestimmte Konditionen ausgehandelt werden, weil die Mitglieder nicht auf den gleichen Absatzmärkten geschäftstätig sind. Durch die vorübergehende Auslistung entsteht kein Schaden für die Verbraucher, weil sie Ersatzprodukte bei konkurrierenden Einzelhändlern kaufen können und langfristig von niedrigeren Preisen profitieren.

  1. Relevante Änderungen im Kapitel zu Vermarktungsvereinbarungen

a) Verbundgruppen selbständiger Einzelhändler und eine gemeinsame Preispolitik für den Online-Verkauf

Das Kapitel zu Vermarktungsvereinbarungen enthält geringfügige Änderungen der derzeit geltenden Leitlinien. Diese Änderungen können für Verbundgruppen selbständiger Einzelhändler, die eine gemeinsame Plattform für den Online-Verkauf mit einer gemeinsamen Preispolitik einrichten möchten, nützlich sein.

Auf der Grundlage von Randnummer 246 der derzeit geltenden Leitlinien ist in Randnummer 380 des Entwurfs der überarbeiteten Leitlinien nun ausdrücklich erwähnt, dass durch den gemeinsamen Vertrieb erhebliche Effizienzgewinne erzielt werden können. Dies gilt „insbesondere für Verbundgruppen selbständiger Einzelhändler, wenn sie beispielsweise neue Vertriebsplattformen für den Wettbewerb mit globalen oder großen Anbietern nutzen“.

Zur Unterstützung dieser ausdrücklichen Anerkennung ist das bisherige Beispiel für eine gemeinsame Internetplattform mit Preisfestsetzung im Entwurf der überarbeiteten Horizontal-Leitlinien geändert worden (siehe Randnummer 400 auf Basis von Randnummer 254 der derzeit geltenden Leitlinien). In diesem Beispiel wird ausdrücklich anerkannt, dass durch die Preisfestsetzung Effizienzgewinne durch die gemeinsame Online-Vermarktung entstehen.

Kommentar:

  • Diese im Entwurf der überarbeiteten Horizontal-Leitlinien enthaltenen Änderungen sind sehr positiv zu bewerten. Denn sie können Verbundgruppen selbständiger Einzelhändler dabei helfen, unter bestimmten Bedingungen eine gemeinsame Internetplattform mit Festpreisen (Preisfestsetzung) einzurichten – vor allem, wenn sie einen Marktanteil von weniger als 15 % haben (wobei davon ausgegangen wird, dass Vorteile an die Verbraucher weitergegeben werden). Die Generaldirektion Wettbewerb hat uns gegenüber erklärt, dass diese Änderung zur Unterstützung unserer Forderung vorgenommen wird, ohne den grundsätzlichen wettbewerbsrechtlichen Ansatz zur Preisfestsetzung zu ändern.
  • Wir schlagen vor, das in Randnummer 400 genannte Beispiel geringfügig zu ändern, damit es „Click & Collect“-Modelle einschließt, bei denen die Verbraucher das Geschäft zur Abholung der bestellten Waren selbst wählen können. Wären Sie damit einverstanden?
  • Hätten Sie Vorschläge, wie dieses Beispiel (ohne eine drastische Änderung der Horizontal-Leitlinien zur Preisfestsetzung) weiter verbessert werden könnte?

b) Sonstige Änderungen

Der Entwurf der überarbeiteten Horizontal-Leitlinien enthält weitere Aspekte, zu denen wir noch keine Stellung bezogen haben:

  • spezielle Vorschriften für Vereinbarungen zur Vermarktung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Randnummer 359);
  • zusätzliche Orientierungshilfen zu den Hauptrisiken einer Produktionsbeschränkung in Vermarktungsvereinbarungen (Randnummern 654 und 367);
  • weitere Klarstellungen zu den betroffenen Märkten und wettbewerbsbeschränkenden Auswirkungen (Kapitel 5.2.3);
  • ein spezieller Absatz zu Bieterkonsortien (Kapitel 5.4) und insbesondere zur Prüfung von Konsortialvereinbarungen zwischen Parteien, die einzeln an Ausschreibungen teilnehmen könnten, und zu der in diesen Fällen vorzunehmenden Analyse.

Kommentar: Da wir zu diesen Aspekten noch keine Stellung bezogen haben, wüssten wir gern, ob einige der Änderungen Anlass zu Bedenken geben oder problematisch sind.

  1. Informationsaustausch (Kapitel 6)

a) Allgemeine Aspekte

In der Einleitung zu diesem Kapitel wird in Absatz 407 eine Definition des Begriffs Informationen vorgeschlagen (z. B. Rohdaten, vorverarbeitete Daten, Daten, die zur Erstellung sinnvoller Informationen bearbeitet wurden, und sonstige Informationen).

In Randnummer 411 wird auch klargestellt, dass der Informationsaustausch auf gesetzliche Verpflichtungen zurückzuführen ist, und darauf hingewiesen, dass Artikel 101 Absatz 1 AEUV auf diese Arten des Informationsaustauschs uneingeschränkt Anwendung findet. In diesem Fall müssen Unternehmen, die zum Austausch von Informationen verpflichtet sind, die Informationen auf ein Minimum beschränken und unter Umständen Vorkehrungen zum Schutz der Informationen treffen. Es wird auch ein Beispiel gegeben.

b) Verwendung von Algorithmen

Randnummer 418 (Teil der Leitlinien zu Kollusionsergebnissen beim Informationsaustausch) bezieht sich auf die Verwendung von Algorithmen. „Codestützte Kollusion“ (Collusion by code) bezieht sich auf die absichtliche Anwendung von verhaltensbasierten Koordinationsalgorithmen durch Wettbewerber und ist somit eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung.

Sie sollte von der „algorithmischen Kollusion“ unterschieden werden, bei der die Verwendung von Algorithmen durch Wettbewerber die Gefahr eines Kollusionsergebnisses auf dem Markt (aufgrund der höheren Markttransparenz, wodurch Preisabweichungen in Echtzeit erkannt und entsprechende Handlungen zur wirksamen „Bestrafung“ von Unternehmen, die die Preisabweichung veranlassen, unternommen werden können ) erhöhen kann. Eine algorithmische Kollusion setzt ein bestimmtes Design der Algorithmen sowie bestimmte Marktbedingungen voraus (hohe Häufigkeit von Interaktionen, eingeschränkte Nachfragemacht und homogene Produkte).

In Randnummer 432 ist auch angegeben, dass die einseitige Offenlegung von Informationen, die einen Verstoß gegen Artikel 101 Absatz 1 AEUV zur Folge haben kann, auch die „Eingabe in ein gemeinsam genutztes Algorithmus-Tool“ betrifft (also indirekter Informationsaustausch).

Randnummer 436 gibt auch ein Beispiel für indirekten Informationsaustausch zwischen Wettbewerbern über einen gemeinsam genutzten Optimierungsalgorithmus (der Geschäftsentscheidungen auf Basis von vertraulichen Geschäftsdaten oder der Implementierung von abgestimmten/koordinierten Optimierungsmechanismen in automatisierten Tools trifft). Obwohl die Verwendung öffentlich verfügbarer Daten zur Weiterleitung in die Software legal ist, könnte die Sammlung vertraulicher Daten in einem Tool zur Preisfestsetzung, das von einem einzelnen IT-Unternehmen bereitstellt wird und auf das mehrere Wettbewerber zugreifen können, in diesem Szenario eine Kollusion darstellen. Das letztgenannte Beispiel könnte in einer Verbundgruppe selbständiger Einzelhändler besonders relevant sein.

Kommentar: Sind die Bestimmungen über „algorithmische Kollusion“ Ihrer Meinung nach klar genug formuliert? Oder sind sie so allgemein formuliert, dass sie auf sehr typische Fälle für die Verwendung von Algorithmen im (Online-)Einzelhandel zutreffen? Sollten wir um die Ergänzung weiterer Kriterien bitten? (Wenn ja, welche?) Haben Sie weitere Kommentare zu den Bestimmungen über Algorithmen?

c) Beispiele für vertrauliche Geschäftsdaten

Randnummer 424 enthält eine Liste von Informationen, die als besonders vertrauliche Geschäftsdaten anzusehen sind und deren Austausch eine bezweckte (Wettbewerbs-)Beschränkung ist:

  • Preis und beabsichtigte Preisfestsetzung;
  • aktuelle und zukünftige Produktionskapazitäten;
  • beabsichtigte Geschäftsstrategie;
  • Vorkehrungen zur Erfüllung der aktuellen und zukünftigen Nachfrage;
  • zukünftiger Umsatz;
  • aktuelle Lage und Geschäftsstrategie;
  • zukünftige Produkteigenschaften, die für Verbraucher relevant sind;
  • Marktstellung und Strategien bei Auktionen für Finanzprodukte.

Kommentar: Diese Klarstellung ist positiv.

d) Alter der Daten

In Randnummer 431 ist ein zusätzlicher Aspekt genannt, wie zu bewerten ist, ob Daten alt genug sind, damit sie nicht mehr als vertrauliche Daten anzusehen sind. Je nach Markt ist eine Einzelfallprüfung vorzunehmen. In dem darin aufgeführten Beispiel sind die bis zu ein Jahr alten Informationen nicht als „historische“, sondern als vertrauliche Daten anzusehen (d. h. in Branchen, in denen Unternehmen auf Daten über die Präferenzen der Verbraucher angewiesen sind, um ihre strategischen Entscheidungen zu optimieren).

e) Maßnahmen zur Beschränkung/Kontrolle der Datenverwendung und des Datenzugriffs

Randnummern 440 bis 442 geben Orientierungshilfen für Maßnahmen zur Kontrolle des Zugriffs auf Daten.

Randnummer 440 gibt insbesondere Hinweise zu:

  • der Einrichtung von sogenannten „Clean Teams“ (d. h. einer eingeschränkten Gruppe von Personen, die nicht am Tagesgeschäft beteiligt und durch Vertraulichkeitsvereinbarungen zur Geheimhaltung vertraulicher Geschäftsdaten verpflichtet sind);
  • Datenpools, bei denen die Teilnehmer auf eigene Informationen und die aggregierten Daten anderer Teilnehmer zugreifen können. In diesem Fall sind Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass ein Teilnehmer keine vertraulichen Geschäftsdaten von anderen Teilnehmern abrufen und nur auf die Informationen zugreifen kann, die zur Erreichung des legitimen Zwecks des Datenpools notwendig sind. Mit der Verwaltung des Datenpools kann ein Dritter beauftragt werden, der zur strikten Geheimhaltung verpflichtet ist (dieser Absatz ist von großer Relevanz für Verbundgruppen selbständiger Einzelhändler).

Randnummer 441 enthält Hinweise auf Situationen, in denen die betreffenden Informationen für den Wettbewerb von großer strategischer Bedeutung sind und einen beträchtlichen Teil des Marktes betreffen, jedoch keine Gefahr eines Kollusionsergebnisses darstellen. Der Austausch solcher Informationen ist nur zulässig, wenn die Daten für alle Unternehmen, die auf dem fraglichen Markt geschäftstätig sind, auf nicht diskriminierende Weise zugänglich sind.

Kommentar: Independent Retail Europe hatte um detailliertere Leitlinien zum Datenaustausch gebeten, weil sie den Informationsaustausch innerhalb einer Verbundgruppe selbständiger Einzelhändler erleichtern können. Daher ist die Aufnahme dieser neuen Leitlinien positiv zu bewerten. Haben Sie Kommentare oder Fragen zur Klarstellung, wie der Datenaustausch in einer Verbundgruppe selbständiger Einzelhändler mit Clean Teams und Datenpools vorgenommen werden kann?

5. Nachhaltigkeitsvereinbarungen (Kapitel 9)

Der Entwurf der überarbeiteten Horizontal-Leitlinien enthält ein neues Kapitel zu Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern, die ein Nachhaltigkeitsziel verfolgen (die Definition von Nachhaltigkeit in Randnummer 543 spiegelt die Vision der EU für Nachhaltigkeit wider), und Orientierungshilfen, wie diese Vereinbarungen zu beurteilen sind. In den überarbeiteten Leitlinien wird anerkannt, dass die Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften zu nachhaltiger Entwicklung beiträgt (Randnummer 544). Darin wird jedoch auch anerkannt, dass Marktversagen, das nicht durch die geltenden Rechtsvorschriften nicht gedeckt ist und beseitigt wird, durch Nachhaltigkeitsvereinbarungen zwischen Wettbewerbern gemindert werden kann (Randnummer 546).

a) Nachhaltigkeitsvereinbarungen, die aus wettbewerbsrechtlicher Sicht unbedenklich sind (Randnummern 551-554)

Folgende Vereinbarungen sind aus wettbewerbsrechtlicher Sicht unbedenklich:

  • Vereinbarungen, die keine Wettbewerbsparameter betreffen (z. B. nachgewiesene Menge, Qualität, Auswahl, Innovation);
  • Vereinbarungen, die nicht die wirtschaftliche Tätigkeit von Wettbewerbern, sondern ihr unternehmensinternes Verhalten betreffen (z. B. Vereinbarung von Maßnahmen zur Vermeidung von Einwegkunststoffen in ihren Räumlichkeiten usw.);
  • Vereinbarungen zur Erstellung von Datenbanken mit Informationen über nachhaltigkeitsorientierte Anbieter oder Händler ohne Verpflichtung der Parteien zum Kauf bei diesen/Verkauf an diese Anbieter/Händler;
  • Vereinbarungen zur Organisation von Aufklärungskampagnen für die Verbraucher (keine Gemeinschaftswerbung für ein Produkt).

b) Allgemeiner Grundsatz – Klassifizierung der verschiedenartigen Vereinbarungen

Wenn eine Nachhaltigkeitsvereinbarung eine bestimmte Art der Zusammenarbeit vorsieht, die durch einen bestimmten Absatz der Horizontal-Leitlinien abgedeckt ist (z. B. gemeinsame Einkaufsregelung, Vermarktungsvereinbarung usw.), dann sollte sie anhand der Leitlinien für diese Art von Vereinbarungen beurteilt werden (Randnummer 556). Der Faktor Nachhaltigkeit wird zur Ermittlung von bezweckten oder bewirkten Wettbewerbsbeschränkungen berücksichtigt (Randnummer 560). Wenn solche Vereinbarungen bestimmte Beschränkungen bezwecken, müssen die Parteien zudem nachweisen, dass tatsächlich ein Nachhaltigkeitsziel erreicht werden soll, und dürfen wettbewerbswidrige Ziele nicht verschleiern (Randnummer 560).

c) Vereinbarungen zur Festlegung von Nachhaltigkeitsstandards (Kapitel 9.3.2)

Darin vereinbaren Wettbewerber die Festlegung und Einhaltung bestimmter Nachhaltigkeitsstandards (Randnummern 561 bis 567). Solche Vereinbarungen können für die Verbraucher von Vorteil sein. Allerdings stellen Vereinbarungen zu Sachverhalten, wie sich die höheren Kosten durch die Annahme des/der Standards in höheren Verkaufspreisen niederschlagen, eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung dar (Randnummer 571).

Zur Beurteilung von bewirkten Wettbewerbsbeschränkungen gibt es eine sogenannte „Soft Safe Harbour“-Regelung (Randnummer 572), wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  • Das Verfahren zur Entwicklung des Standards ist transparent; alle interessierten Wettbewerber können sich am Prozess beteiligen.
  • Der Standard darf Unternehmen, die sich nicht (weder direkt noch indirekt) am Standard beteiligen möchten, zur Einhaltung des Standards verpflichten.
  • Den teilnehmenden Unternehmen sollte es freistehen, für sich einen höheren Nachhaltigkeitsstandard anzunehmen.
  • Die am Standard beteiligten Parteien dürfen vertrauliche Geschäftsdaten, die für die Entwicklung, Annahme oder Änderung des Standards nicht notwendig sind, nicht austauschen.
  • Der wirksame und nicht diskriminierende Zugang zu dem Ergebnis des Standardisierungsverfahrens muss sichergestellt sein, einschließlich des wirksamen und nicht diskriminierenden Zugangs zu den Anforderungen und Bedingungen für die Beantragung des vereinbarten Labels oder für seine Annahme zu einem späteren Zeitpunkt.
  • Der Standard darf nicht zu einer erheblichen Preiserhöhung oder Verringerung der Auswahl führen.
  • Zur Gewährleistung der Einhaltung sollte es ein Überwachungssystem geben.

Wenn einige dieser Bedingungen nicht erfüllt sind, muss die betreffende Vereinbarung auf ihre Auswirkung auf den Wettbewerb geprüft werden. Wenn dabei eine wettbewerbsbeschränkende Auswirkung festgestellt wird, kann immer noch eine Ausnahmeregelung auf Basis der vier in Artikel 101 Absatz 3 AEUV genannten Kriterien geltend gemacht werden, wie beispielsweise Effizienzgewinne, Unerlässlichkeit, Weitergabe an die Verbraucher, keine Wettbewerbsbeschränkung.

In Bezug auf die Kriterien der Unerlässlichkeit stellen die Leitlinien Folgendes klar:

  • wenn die Einhaltung konkreter Nachhaltigkeitsziele nach EU-Recht oder nationalem Recht vorgeschrieben ist, können Vereinbarungen zur Erreichung dieser Ziele nicht als unerlässlich angesehen werden (Randnummer 583);
  • das Kriterium der Unerlässlichkeit ist erfüllt, wenn die Parteien nachweisen können, dass die Verbraucher die Vorteile, die sie zukünftig in puncto Nachhaltigkeit durch eine Vereinbarung haben werden (z. B. bessere Qualität/Innovation), gegenüber den Nachteilen, die ihnen sofort entstehen (z. B. höhere Preise), nicht objektiv abwägen können (Randnummer 586);
  • die Verpflichtungen in Nachhaltigkeitsvereinbarungen dürfen nicht über das erforderliche Maß zur Erreichung des Ziels der betreffenden Vereinbarung hinausgehen (Randnummer 587).

In Bezug auf die „Weitergabe an die Verbraucher“ (Randnummern 588-609) werden in den Leitlinien drei Arten der Weitergabe unterschieden:

  • individuelle nutzungsbedingte Wertvorteile (durch die Nutzung des Produkts), beispielsweise bessere Produktqualität oder -vielfalt oder Preissenkung (Randnummern 590 bis 593);
  • individuelle nicht nutzungsbedingte Wertvorteile (indirekte Vorteile durch die verbraucherseitige Würdigung der Auswirkung ihres nachhaltigen Konsums), beispielsweise die Verwendung eines bestimmten Produkttyps, weil er weniger umweltschädlich ist, oder die Bereitschaft zur Zahlung eines höheren Preises für ein nachhaltig geerntetes Erzeugnis (Randnummern 594 bis 600);
  • kollektive Vorteile (z. B. zur Internalisierung negativer externer Effekte unabhängig von den individuellen Vorteilen für die Verbraucher), beispielsweise Vereinbarungen zur schrittweisen Verringerung der Luftverschmutzung, wenn die Verbraucher nicht bereit sind, einen höheren Preis zu zahlen (Randnummern 601 bis 608). In Randnummer 606 wird erklärt, welche Bedingungen für kollektive Vorteile erfüllt sein müssen (z. B. klare Beschreibung der Vorteile mit dem Nachweis, dass sie schon eingetreten sind oder wahrscheinlich eintreten werden, Definition der Begünstigten, Nachweis, wonach sich die Verbraucher auf dem betreffenden Markt mit den Begünstigten überschneiden, Nachweis, welcher Anteil der kollektiven Vorteile außerhalb des relevanten Markts den Verbrauchern des Produkts auf dem relevanten Markt zugutekommt). In diesem Zusammenhang sind Nachweise, die auf Berichten von Behörden basieren oder von anerkannten wissenschaftlichen Organisationen erstellt werden, besonders wertvoll.

Was die Kriterien „Wettbewerbsbeschränkung“ anbelangt: Ein gewisser Restwettbewerb muss immer noch vorhanden sein (Randnummer 610), durch den Wettbewerb bei mindestens einem wichtigen (Wettbewerbs-)Parameter, wie Preis, Vielfalt oder Qualität (Randnummer 611).

In den Randnummern 617 bis 621 enthält der Entwurf der überarbeiteten Horizontal-Leitlinien fünf Beispiele für derartige Nachhaltigkeitsvereinbarungen (von denen einige die Bedingungen von Artikel 101 Absatz 3 AEUV erfüllen, andere wiederum nicht).

Kommentar: Haben Sie konkrete Anmerkungen oder Vorschläge zu Nachhaltigkeitsvereinbarungen?

 

Antwort auf die Konsultation – Bitte um Rückmeldung bis 12. April 2022 (Geschäftsschluss)

Zur Abfassung einer konstruktiven Antwort auf die Konsultation bitten wir unsere Mitglieder, uns ihre Stellungnahme zum Entwurf der überarbeiteten Leitlinien und insbesondere zu den in diesem Rundschreiben gestellten Fragen bis zum 12 April 2022 (Geschäftsschluss) zuzusenden.